Der rationale Einsatz ist entscheidend!
Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze sind in der Lage sich so zu verändern, dass verfügbare Antiinfektiva nicht mehr ausreichend wirken . Dies gilt in besonderem Maße für Antibiotika, deren Einsatz durch fortschreitende Resistenzentwicklung zunehmend erschwert wird. Liegt eine Resistenz vor, kann dies die effektive Therapie erschweren und Infektionen können, besonders bei immunsupprimierten Personen, einen komplizierten und lebensbedrohlichen Verlauf nehmen . Die Entstehung von Antibiotikaresistenzen wird in erheblichem Maße durch den unsachgemäßen und unkritischen Einsatz von Antibiotika gefördert. Hierzu zählen der überflüssige Einsatz bei viralen Infektionen, falsche Dosierungen oder eine falsche Verabreichungsdauer (sowohl zu kurz als auch zu lang) . Seit einigen Jahren wird eine kontinuierliche Resistenzzunahme beobachtet. So gehen weltweit pro Jahr 4,95 Mio. Todesfälle auf Infektionen mit unempfindlichen Bakterien zurück . Doch auch die anderen Antiinfektiva sollten zur Vermeidung von Resistenzentwicklungen nicht wahllos, sondern rational und zielgerichtet angewendet werden, um ausreichende Therapieoptionen für die Zukunft sicherzustellen.
Antiinfektiva in der Nephrologie: Eine Frage der Dosierung
Der Einsatz von Antiinfektiva in der Nephrologie stellt die behandelnde Ärztin bzw. den Arzt, zusätzlich zur beschriebenen Resistenzproblematik, vor weitere Herausforderungen. Bei nierenkranken Patientinnen und Patienten gilt es aufgrund der vorliegenden Niereninsuffizienz in besonderem Maße die Pharmakokinetik und -dynamik des verabreichten Antiinfektivums im Auge zu behalten. Viele der gebräuchlichen Wirkstoffe werden primär über die Niere eliminiert. Ist jedoch die Nierenfunktion eingeschränkt (z. B. aufgrund einer chronischen Nierenerkrankung, CKD), so muss eine Anpassung der Dosierung an die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) erfolgen, um eine möglicherweise toxische Kumulation des Wirkstoffs im Körper mit daraus resultierender Überdosierung oder auch eine subtherapeutische Dosierung zu vermeiden. Daneben besteht die Möglichkeit einer Umstellung auf Wirkstoffe, die nicht renal, sondern primär über die Leber metabolisiert werden, wobei eine Nierenfunktionsstörung immer auch Einfluss auf den Metabolismus der Leber haben kann. Die Therapie von Infektionen bei nierenkranken Patientinnen und Patienten erfordert somit ein besonders umsichtiges Vorgehen durch die Nephrologin bzw. den Nephrologen.
Bei der Dialyse ist besondere Aufmerksamkeit gefragt
Dialysepflichtige Patientinnen und Patienten sind aufgrund ihrer bestehenden terminalen Niereninsuffizienz, des häufigen Aufenthalts in medizinischen Einrichtungen und nicht zuletzt durch den Dialysezugang selbst besonders infektionsgefährdet. Die Prävalenz für die Besiedlung mit multiresistenten Keimen (MRSA) bei ambulanten Dialysepatientinnen und -patienten in Deutschland wird auf 2 bis 5 % geschätzt. Daraus resultierende Wund- oder Blutstrominfektionen sind eine bedrohliche Komplikation, wobei sie bei Dialysezugängen über einen zentralvenösen Katheter deutlich häufiger vorkommen als bei einem Dialyseshunt.
Ist bei Dialysepatientinnen und -patienten eine Therapie mit Antiinfektiva erforderlich, so ist es zwingend notwendig die Dosierung anzupassen. Die Gebrauchsinformationen der Arzneimittel liefern hierzu meist nur unzureichende Angaben. In die Überlegungen zur Dosisanpassung bei Dialysepatientinnen und -patienten müssen eine Vielzahl von Faktoren mit einbezogen werden: Art der Wirkstoffelimination, Proteinbindung und Dialysierbarkeit des Wirkstoffs sowie Häufigkeit und Art des Dialyseverfahrens. Bei vorwiegend renal eliminierten Wirkstoffen wird die Einzeldosis reduziert und/oder das Dosisintervall verlängert. Wird der Wirkstoff jedoch in erheblichem Umfang dialysiert, so ist im Rahmen der Dialyse eventuell eine Dosiserhöhung notwendig. Zudem wird bei allen Dialyseverfahren die engmaschige Messung der Arzneistoffkonzentrationen im Blut (therapeutisches Drug-Monitoring, (TDM) empfohlen (siehe hierzu auch: Wissen rund um die Praxis: TDM).
Den Überblick behalten – unsere Leitlinie hilft Ihnen!
Um den besonderen Herausforderungen der Antiinfektiva-Therapie bei nierenkranken Patientinnen und Patienten gerecht zu werden, gibt Ihnen die Limbach Gruppe mit der „Leitlinie Antiinfektiva in der Nephrologie“ ein einzigartiges Hilfsmittel für die Behandlung von Infektionen in Ihrer nephrologischen Praxis an die Hand. In einer kompakten und übersichtlichen Darstellung werden zu verschiedenen Krankheitsgruppen die empfohlene Diagnostik, mögliche Wirkstoffe (mit Priorisierung) sowie die entsprechenden Dosierungen (inkl. Anpassung an die GFR bei Niereninsuffizienz), Applikationsformen und Therapiedauer aufgeführt. Hierbei wird gesondert auf die Therapieoptionen und -besonderheiten im Rahmen einer Dialysebehandlung eingegangen. Sie können die Leitlinie ab sofort unter folgender E-Mail-Adresse (marketing@limbachgruppe.com) für Ihre Praxis anfordern.
Fazit
Der Einsatz von Antiinfektiva und speziell Antibiotika spielt, wie in allen medizinischen Fachrichtungen, auch in der Nephrologie eine wichtige Rolle. Um die Patientinnen bzw. den Patienten bestmöglich zu behandeln und auch in Zukunft ausreichende Therapieoptionen für eine effektive Behandlung zu haben ist es entscheidend, Antiinfektiva mit Bedacht und nur nach strenger medizinischer Indikationsstellung anzuwenden. Patientinnen und Patienten mit Nierenerkrankungen stellen zudem aufgrund ihrer teilweise stark eingeschränkten Nierenfunktion besondere Ansprüche an die Therapie mit Antiinfektiva, da die Auswahl des Wirkstoffes und vor allem die Dosierung der jeweiligen Nierenfunktion entsprechend angepasst werden müssen.
Referenzen:
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- Apotheken.de: Das Problem der Antibiotika-Resistenzen; https://www.apotheken.de/krankheiten/hintergrundwissen/10494-das-problem-der-antibiotika-resistenzen zuletzt abgerufen 24.03.2023
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- Deutsche Gesellschaft für Nephrologie: Leitlinie zu Infektionsprävention und Hygiene 2019; https://www.dgfn.eu/dialyse-standard.html?file=files/content/leitlinien/hygieneleitlinie/20200127_LL-Hygiene-Einzelseiten.pdf&cid=1950 zuletzt abgerufen 24.03.2023
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