Was ist One-Health
Das One Health-Konzept stellt einen integrativen, interdisziplinären und globalen Ansatz dar, der auf ein nachhaltiges Gleichgewicht und die Optimierung der Gesundheit von Menschen, Tieren und Ökosystemen abzielt. Es basiert auf der Erkenntnis, dass diese drei Bereiche eng miteinander verknüpft und voneinander abhängig sind. Die wechselseitigen Abhängigkeiten erfordern eine enge Zusammenarbeit, Kommunikation und Koordinierung zwischen den betreffenden Sektoren. Viele Gesundheitsprobleme – darunter Infektionskrankheiten/Zoonosen, Antibiotikaresistenzen sowie umweltbedingte Gesundheitsgefährdungen – entstehen genau an der Schnittstelle der drei Bereiche. Insbesondere die Covid-19-Pandemie hat die Bedeutung eines effektiven One Health-Überwachungssystems verdeutlicht, um komplexe globale Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen. Der fortschreitende Klimawandel, zunehmende Umweltverschmutzung und die rasche Urbanisierung verschärfen die Dringlichkeit, sektorübergreifende Kooperationen im Gesundheitswesen zu fördern, um so präventive Maßnahmen als auch nachhaltige Gesundheitslösungen zu entwickeln.
Die Rolle von Arztpraxen im One-Health-Konzept
Arztpraxen spielen im Rahmen des One Health-Konzepts eine strategische und zentrale Rolle, da sie an der Schnittstelle zwischen individueller Gesundheitsversorgung und globalen Gesundheitsfragen agieren. Durch ihre direkte Interaktion mit Patientinnen und Patienten bieten sie eine ideale Plattform, um den One Health-Ansatz praktisch umzusetzen und das Bewusstsein für die enge Verflechtung von menschlicher, tierischer und ökologischer Gesundheit in der Bevölkerung zu stärken. One Health kann und sollte so integraler Bestandteil der Patientenberatung werden.
Ein wesentlicher Beitrag von Arztpraxen zur Umsetzung des One Health-Konzepts ist das Antibiotic Stewardship – also der bewusste und rationale Einsatz von Antibiotika. Die häufige und oftmals ungerechtfertigte Verwendung von Antibiotika gilt als wesentlicher Treiber für die Zunahme von Resistenzen. Das One-Health-Konzept bietet die Möglichkeit, den Antibiotikaeinsatz, das Auftreten antibiotikaresistenter Bakterien sowie deren Freisetzung in die Umwelt interdisziplinär zu betrachten. Arztpraxen können durch gezielte Beratung und Schulung ihrer Patientinnen und Patienten aktiv zur Optimierung des Antibiotikaeinsatzes beitragen.
Ein weiteres zentrales Handlungsfeld von Arztpraxen liegt in der Prävention von Zoonosen. In den letzten drei Jahrzehnten wurden über 30 neue Krankheitserreger beim Menschen identifiziert, von denen etwa 75% zoonotischen Ursprungs sind. Arztpraxen spielen eine Schlüsselrolle, indem sie über Zoonose-Risiken aufklären und präventive Maßnahmen wie Impfungen, Hygienestandards und Verhaltensregeln fördern.
Mit dem fortschreitenden Klimawandel steigen klimabedingte Gesundheitsrisiken, darunter hitzebedingte Erkrankungen, Atemwegsprobleme durch Luftverschmutzung und die zunehmende Verbreitung von Vektor-übertragenen Krankheiten. Im Blogbeitrag Klimawandel: Die größte Herausforderung für unser Gesundheitssystem im 21. Jahrhundert erhalten Sie einen Überblick über die wichtigsten Auswirkungen des Klimawandels auf die menschliche Gesundheit. Diese gesundheitsgefährdenden Klimawandelfolgen müssen gesamtgesellschaftlich und insbesondere im Gesundheitswesen besser antizipiert werden. Arztpraxen sind hier in einer strategisch wichtigen Position, um diese Erkrankungen durch entsprechende Diagnostik frühzeitig zu erkennen und durch präventive Maßnahmen und Aufklärung die Risiken zu verringern.
Schließlich können Arztpraxen durch die Förderung von nachhaltigen Praxisstrukturen einen direkten Beitrag zum Umwelt- und Gesundheitsschutz und damit zur Umsetzung des One Health-Prinzips leisten. Maßnahmen wie energieeffiziente Gebäudestrukturen oder ein verantwortungsvoller Ressourceneinsatz wirken sich positiv sowohl auf ökologische als auch menschliche Gesundheit aus. Weitere Informationen hierzu finden Sie im Blogbeitrag Nachhaltigkeitssiegel für Arztpraxen: Ein Schritt in Richtung grüner Gesundheitsversorgung
Spezialisierte Organisationen zur Unterstützung im One-Health-Konzept
Die Organisationen KLUG (Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit) und CPHP (Center for Planetary Health Policy) sind zwei zentrale Akteure, die Arztpraxen bei der Umsetzung des One Health-Ansatzes unterstützen. Sie bieten wertvolle Expertise und Ressourcen, um die Verbindung zwischen menschlicher Gesundheit, Umwelt und Klimawandel besser zu verstehen und zu integrieren. KLUG ist eine der führenden Initiativen in Deutschland, die speziell das Gesundheitswesen im Kontext des Klimawandels adressiert. Ihr Ziel ist es, Akteure des Gesundheitswesens stärker in Klimaschutzmaßnahmen einzubinden und zu vernetzen. Mit dem Projekt „Transformative Arztpraxen“ soll die sozial-ökologische Transformation im ambulanten Sektor vorangetrieben werden. Ziel ist eine klimasensible Gesundheitsberatung, in der klimaassoziierte Themen in das Patientengespräch eingebunden werden.
Interessierte Praxen können über eine Online-Registrierung Teil des Netzwerks werden und von den vorhandenen Ressourcen und Angeboten profitieren. Das CPHP verfolgt einen umfassenden One Health-Ansatz, indem es sich als Vermittler zwischen Wissenschaft, Politik und Praxis positioniert. Im Fokus steht die wissenschaftliche Politikberatung, mit dem Ziel planetare Gesundheit ganz oben auf der politischen Agenda zu verankern. Das Wissen um den Klimawandel und seine Auswirkungen soll in effektive politische Maßnahmen umgesetzt werden. CPHP unterstützt wissenschaftliche Studien, die die Interaktionen zwischen Umweltfaktoren, politischem Handeln und gesundheitlichen Auswirkungen untersuchen. Die daraus resultierenden evidenzbasierten Handlungsempfehlungen ermöglichen es Arztpraxen, informierte Entscheidungen zu treffen und aktiv zu einer nachhaltigeren Gesundheitsversorgung beizutragen. Arztpraxen profitieren nicht nur von den neuesten Forschungsergebnissen, sondern auch von praxisnahen Strategien zur Gestaltung eines klimafreundlichen und resilienten Gesundheitswesens.
Fazit
Die Einbindung von Arztpraxen in das One Health-Konzept ist von zentraler Bedeutung für die Bewältigung globaler Gesundheitsherausforderungen, da sie eine Schlüsselrolle als Multiplikatoren übernehmen können. Die Integration präventiver, nachhaltiger und evidenzbasierter Maßnahmen in den Praxisalltag trägt nicht nur zur individuellen Gesundheit ihrer Patientinnen und Patienten bei, sondern fördert aktiv den Schutz der Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt. Unterstützung erfahren Arztpraxen durch die Zusammenarbeit mit spezialisierten Organisationen wie KLUG und CPHP.
Referenzen
- One Health High-Level Expert Panel (OHHLEP: One Health: A new definition for a sustainable and healthy future. PLoS Pathog. 2022 Jun 23; 18(6): e1010537 zuletzt abgerufen am 17.10.2024
- Lefrançois T, Malvy D, Atlani-Duault L, Benamouzig D, Druais PL, Yazdanpanah Y, Delfraissy JF, Lina B. After 2 years of the COVID-19 pandemic, translating One Health into action is urgent. Lancet. 2023 Mar 4;401(10378):789-794. zuletzt abgerufen am 17.10.2024
- Ärzteblatt: One-Health-Konzept: Eine Antwort auf resistente Bakterien? Dtsch Arztebl 2017; 114(17): [8]; DOI: 10.3238/PersInfek.2017.04.28.02
- One Health. zuletzt abgerufen am 16.10.2024
- CPHP: Im Rahmen begrenzter Möglichkeiten: Wie Ärzt:innen Klimaschutz- und -anpassungsmaßnahmen umsetzen. zuletzt abgerufen am 18.10.2024
- KLUG: Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit. zuletzt abgerufen am 21.10.2024
- CPHP: Centre for Planetary Health Policy zuletzt abgerufen am 16.10.2024
- Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit: Projekt transformative Arztpraxen. zuletzt abgerufen am 16.10.2024
- KlimaGesundPraxen: Als Ärzt*in für ein besseres Klima sorgen. zuletzt abgerufen am 16.10.2024